Lewis & Clark Trail

42. Tag: 1. Oktober 1999 Port Angeles — Seattle

Heute ist der letzte große Tag auf dem Highway. Entsprechend spät stehe ich heute auf. Eigentlich wollte ich um zehn Uhr abfahren, aber ich verlasse erst nach halb elf das Joshua’s nach einem ausgiebigen Frühstück. Es war zwar verhältnismäßig teuer aber dafür viel und hervorragend. Nachdem ich getankt habe geht es um kurz vor elf zu meiner letzten Etappe nach Seattle los.

Highway 101, Washington Highway 101, Washington
Highway 101, Washington

Zuerst folge ich etwa 120 Meilen dem letzten Stück des Highway 101. Von hier habe ich noch einige schöne Aussichten auf die Bucht, auf deren anderen Seite die riesige Stadt Seattle liegt. Bei Olympia endet der Highway 101 schließlich und mündet in die Interstate 5. Bereits jetzt hat mich das hektische Stadtleben wieder eingeholt. Der Fahrstil wird wieder großstadtmäßig aggressiv.

Nach 55 Meilen bin ich fast am Flughafen und meinem heutigen Tagesziel, das Motel 6. Allerdings ist es nicht ganz einfach hier die richtigen Abzweigungen zu erwischen. Aber schließlich schaffe ich es dann doch. Um kurz vor halb drei checke ich ein. Zu meiner Überraschung ist das Motel bereits jetzt fast ausgebucht. Vermutlich ist der unmittelbare Anschluß zum Flughafen Schuld. Aber ich bekomme trotzdem noch ein Zimmer im Erdgeschoß. Nachdem ich meine Sachen aufs Zimmer gebracht habe, beginne ich damit, alles im Auto abzubauen. Meine Kamerahalterung muß entfernt werden, mein GPS und die ganzen Anschlußkabel. Dann geht es daran alles für den Rückflug zu verstauen und zu verpacken. Bevor ich aber damit anfange, werfe ich noch einen Blick in die Space Needle Broschüre. Hier möchte ich gerne zu Abend Essen. Ich finde, das ist der richtige Ausklang nach einem 6–wöchigen Trip durch die ganze USA. Allerdings wird dringend empfohlen, einen Tisch zu reservieren. Also rufe ich sicherheitshalber an und habe tatsächlich Glück: Zwei Plätze sind noch frei, einmal um sechs Uhr und einmal um halb neun. Der spätere Termin sagt mir mehr zu. So habe ich Gelegenheit vor dem Essen den Sonnenuntergang von der Aussichtsplattform zu bewundern. Jetzt geht es aber erst einmal ans Packen. Nebenbei läuft gerade der Film „Titanic” im Fernsehen. Auch nicht schlecht, jetzt sehe ich den Film doch noch und dazu im englischen Original.

Um halb sechs bin ich dann endlich fertig und mache mich auf den Weg in Richtung Zentrum. Die kostenlosen Stadtkarten sind zwar etwas dürftig, aber ich hoffe, daß ich den Weg doch finden werde. Und ausnahmsweise habe ich wirklich einmal Glück und erwische exakt die richtigen Abfahrten. Lediglich beim Space Needle selbst darf ich an der Stelle, an der ich abbiegen will, leider nicht abbiegen. So muß ich einen kleine Umweg fahren, komme aber dann doch am Parkhaus an. Allerdings verläßt mich hier dann das Glück. Wegen einer geschlossenen Gesellschaft ist das Parkhaus geschlossen. Schräg gegenüber ist ein öffentlicher Parkplatz, an dem man sein Auto abstellen kann. Ich fahre also dorthin. Aber bei den Parkgebühren haut es mich fast um. Schlappe zehn Dollar! Aber das bin ich ja schon von Pittsburgh gewohnt. Ich schiebe also meinen Schein in den Schlitz für meine Parknummer und marschiere zurück zum Space Needle.

Elliott Bay vom Space Needle, Seattle, Washington Elliott Bay vom Space Needle, Seattle, Washington
Elliott Bay vom Space Needle, Seattle, Washington
Seattle vom Space Needle, Washington Seattle vom Space Needle, Washington
Seattle vom Space Needle, Washington

Hier zahlt man auch erst einmal für die Fahrt mit dem Aufzug nach oben. Aber ich habe irgendwo gelesen, daß man diesen Fahrpreis voll auf sein Essen anrechnen lassen kann. Der Fahrstuhlführer ist ein richtiger Komiker. Oben angekommen steigen alle lachend aus dem Lift aus. Dem gehen anscheinend nie die Witze aus. Als erstes gehe ich auf die Aussichtsplattform in knapp 160 Meter Höhe. Von hier hat man eine tolle Aussicht über Seattle und die ganze Gegend. Ich suche mir einen guten Platz für den nahenden Sonnenuntergang. Außer mir sind noch eine ganze Horde von Fotografen mit teilweise Profiausrüstung anwesend, um ebenfalls eine gute Aufnahme zu bekommen. Saukalt ist es wieder geworden, aber die Aufnahme will ich zum Abschluß im Kasten haben. Also harre ich wie die anderen in der Kälte aus, bis wir die Aufnahmen haben. Dann gehe ich wieder nach innen, um mich aufzuwärmen.

Ich lese die ganzen Beschreibungen zu Seattle und Umgebung, die hier als kleine Tafeln angebracht sind. Dann schlendere ich noch durch den Souvenirshop. Hier grüßt der Kitsch. Aber ich habe noch jede Menge Zeit und so versuche ich noch ein paar Nachtaufnahmen von Seattle auf der Aussichtsplattform zu bekommen. Aber mittlerweile ist es noch kälter geworden und ich gehe sehr schnell wieder zurück ins Warme.

Um kurz vor halb neun gehe ich die paar Stufen zum etwa 150 Meter hoch gelegenen Restaurant hinunter. Am Empfang nenne ich meinem Namen und werde gebeten, erst noch einmal Platz zu nehmen. In ein paar Minuten wird ein Tisch frei. In der Zwischenzeit kann ich das Lokal betrachten. Es ist auf einer Drehplattform angebracht, die sich innerhalb einer Stunde einmal komplett dreht. So bekommt man während eines Abendessens einen vollen Rundumgang. Hoffentlich bekomme ich einen Fensterplatz!

Nach einigen Minuten warten werde ich zu meinem Tisch geführt. Und ich kannn es fast nicht glauben als mir tatsächlich ein Fensterplatz zugewiesen wird. War das jetzt wieder Glück oder hat man beim Vorreservieren eine bessere Chance?

Wie dem auch sei, ich habe einen absolut genialen Platz. Das einzige, was mich wirklich wundert ist, wie eng es hier zu geht. Bei den Ausmaßen, die man in Amerika oft antrifft, haben hier sicher einige Leute ein Problem. Als erstes bekomme ich die Speisekarte. Bei den Preisen haut es mich allerdings fast vom Stuhl. Für ein komplettes Menü habe ich mir hier wirklich das richtige Lokal ausgesucht, denn das ist noch das günstigere der beiden Restaurants, das Family Restaurant. Ich möchte nicht wissen, was im Luxusrestaurant, in dem heute die Feier stattfindet, ein Abendessen kostet. Naja, wenigstens kompensiert meine Fahrkarte etwas die Kosten der Vorspeise…

Nachdem ich mir ein komplettes Menü eingebildet hatte, ziehe ich das jetzt auch durch. Außerdem fällt bei dem, was dieser Urlaub gekostet hat, ein Abendessen für über 50 Dollar auch nicht mehr gravierend ins Gewicht. Während ich mein Essen genieße mache ich noch ein paar Filmaufnahmen aus dem Restaurant heraus. Als Abschluß des Abendessens lasse ich mir noch das legendäre Lunar Orbiter Dessert servieren. Das Eis wird einem in einer großen Schale serviert, die aus zwei Teilen besteht. In der unteren Schale befindet sich Trockeneis, das für effektvolle Nebelschwaden sorgt und in der oberen Schale befindet sich das eigentliche Dessert. Eines muß man den Amerikanern wirklich lassen: Einen Sinn für Effekte haben sie!

Um halb zehn verlasse ich das Space Needle und gehe gut gesättigt nach einem hervorragenden Abendessen zurück zum Auto. Allzuviel Schlaf werde ich heute nicht bekommen, denn morgen möchte ich spätestens um fünf Uhr am Flughafen sein, falls es noch irgendwelche Probleme geben sollte. Bevor ich allerdings ins Motel zurückfahre, mache ich noch einen Abstecher zur Tankstelle. Dann brauche ich mich morgen nicht mehr damit aufzuhalten.

  • Besichtigungen
  • Space Needle
  • Allgemein
  • Frühstück: Joshua’s Restaurant, Port Angeles
  • Abendessen: Space Needle Family Restaurant, Seattle
  • Motel: Motel 6, Seattle
  • Tagesetappe: 199 Meilen